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Cohaus Kloster Schlehdorf und Neubau Missions Dominikanerinnen

Das Verschwinden der Klöster

Wie kann es sein, dass die Auflösung der Klöster bisher ganz an uns vorbeigegangen ist? Diese Frage stellten wir uns, als wir uns im ehemaligen Kloster Schlehdorf im bayerischen Voralpenland einrichteten.

Wir, das war eine Gruppe von Kulturmanagerinnen, Designern, Lehrerinnen und Wildnis-Führern – bunt zusammengewürfelt aus Berlin, München, Niederbayern und Hannover. Erst durch die Gespräche mit den Missions-Dominikanerinnen in Schlehdorf, die von 1905 bis 2018 in dem Kloster der Augustiner-Chorherren lebten, erfuhren wir von dem aktuellen umfassenden Klostersterben. Schlehdorf war also kein Einzelfall, bei welchem ein Kloster mit über 300 Räumen verkauft und damit nicht mehr religiös genutzt wird.

Das Kloster Schlehdorf steht nach dem Verkauf aber wieder einer Gemeinschaft zur Verfügung und wird nun für genossenschaftliches Wohnen und Arbeiten genutzt.

Bild: Cohaus Kloster Schlehdorf und Neubau Missions Dominikanerinnen

Die Frage nach dem Klostersterben richteten wir auch an den Bund. War es den dortigen Verantwortlichen für Baukultur bekannt, wie es um die Klöster steht, von denen viele Denkmäler mit regionaler, manche sogar nationaler Bedeutung sind? Auch hier ging es ihnen wie vielen anderen – Klostersterben? Noch nicht gehört…

Der Weg zur Förderung

Umso schöner war es dann, dass wir Anfang 2020 in der Abteilung Heimat im BMI auf das Interesse für die Klöster bei Vera Moosmayer trafen. Dort konnten wir durch das Programm Region gestalten eine Förderung generieren, die das Thema stärker in die Öffentlichkeit rücken soll. Ein Thema, das nicht nur das bedeutende baukulturelle Erbe der Klöster aufgreift, sondern auch das ebenso bedeutende immaterielle Erbe der Ordensgemeinschaften, der bisherigen Inhaberinnen und Inhabern der Klöster.

Doch um eine staatliche Förderung beantragen zu können, brauchte es einen Verein. So gründeten wir im April 2020 den gemeinnützigen Verein Zukunft Kulturraum Kloster e.V. mit Macherinnen und Bewohnern des Cohaus Kloster Schlehdorf sowie der Provinzökonomin der Missions-Dominikanerinnen. Allein die Präambel des Vereins bei der Gründungsversammlung aufzustellen, war mit einer intensiven und spannenden Diskussion verbunden. Was können wir, was wollen wir mit unserem Verein erreichen? Welchen Zweck soll er erfüllen? Mit welchen Maßnahmen können wir den Vereinszweck erfüllen? Es folgten Notartermin, Vereinsregisteranmeldung, Freistellungsbestätigung durch das Finanzamt – nach zwei Monaten stand der Verein und die Förderung konnte beantragt werden.

Was wollen wir erreichen?

Im Juni 2020 starteten wir die inhaltliche Arbeit mit einem Workshop im BMI und stellten unsere Ideen vor. Ein Portal sollte helfen, Wissen über die Transformation von Klöstern frei zur Verfügung zu stellen. Reicht dafür eine gut recherchierte Linkliste aus, die zu allen relevanten Institutionen und Verbänden des Planens, Bauens und der Verwaltung führt? Nein, das wäre zu wenig, war das Resultat des Gesprächs. Best-Practice-Beispiele wären doch spannender, von denen andere Ordensgemeinschaften viel lernen können. Und können wir nicht Ordensgemeinschaften aktiv helfen, die noch vor der Transformation stehen?

Cohaus Kloster Schlehdorf: ehemalige Probstei, jetzt Vereinsbüro
Quelle: Edward Beierle

Bild: Cohaus Kloster Schlehdorf: ehemalige Probstei, jetzt Vereinsbüro

Ja – dafür gab es die Idee der Zukunftslabore, die auf jeden Fall ausprobiert werden sollten. Bei diesem Format werden in einem kreativen Prozess mögliche nachhaltige Szenarien einer Klosterumnutzung entwickelt. Und braucht es nicht mehr politische Unterstützung? Auch hier ein Ja – dafür hatten wir einen Runden Tisch im Gepäck, der ähnlich wie beim Aufbau der Bundesstiftung Baukultur alle relevanten Disziplinen an einen Runden Tisch bringt und die komplexen Prozesse einer Transformation deutlich macht. Beschwingt von den guten gemeinsamen Ideen sind wir zurück nach Schlehdorf gefahren und haben uns mitten im ersten Corona-Jahr in das Vorhaben gestürzt.

Wissensportal ja, aber...

Keiner von uns hatte schon einmal ein Wissensportal aufgebaut. Wie wollen wir dieses strukturieren, welche Inhalte soll es haben, wie wollen wir diese Inhalte generieren? Wie sieht eigentlich die konkrete Zielgruppe des Portals aus? Ein agiler Team-Workshop unter Leitung des erfahrenen Kommunikations-Designers Singhi Vanith hat uns geholfen, eine erste Wissensstruktur zu entwickeln. Wir wollten maßgeblich die Herausforderung bei der Transformation skizzieren, Lösungen anbieten sowie gelungene Praxisbeispiele aus unterschiedlichen Nachnutzungs-Clustern vorstellen. So haben wir uns entschieden, auch über die Orte und Gemeinden der Klöster zu berichten und deren Bedeutung für die Region zu beleuchten. Einzel-Interviews sollten Hintergrundwissen liefern und ein redaktioneller Text das ausgewählte Best-Practice-Beispiel im Detail vorstellen.

Für die Einschätzung der Zielgruppe haben wir potenzielle Nutzer-/Zielgruppen identifiziert, für die wir das Portal aufbauen. Das sind zum einen die Ordensgemeinschaften, die zwar stark überaltert sind, aber deren Leitung/Generaloberen digital hoch affin sind und die neben ihren Klöstern noch zahlreiche Einrichtungen leiten, sprich oft ein ganzes Unternehmen professionell führen. Eine zweite Zielgruppe ist die der Nachnutzer. Das können Genossenschaften, Stiftungen, Wohngruppen oder auch Projektentwickler sein, die vor zahlreichen Herausforderungen bei der Übernahme eines derart großen Hauses bzw. manchmal gleich mehrerer Häuser stehen. Eine dritte Zielgruppe sind die Regionen. Für diese bedeutet die Aufgabe eines Klosters und der Wegzug einer Ordensgemeinschaft, oft einen großen Verlust, weil oft gemeinwohl orientierte Nutzungen identitätsstiftender Liegenschaften durch rein private Nutzungsformen ersetzt werden. Ein Verlust an jahrhundertealtem Wissen und Wirken, ein Verlust einer Glaubensgemeinschaft, insbesondere für die Regionen, in denen der Glaube noch eine große Rolle spielt, wie beispielsweise in Bayern. Außerdem soll doch die bedeutende Liegenschaft im besten Fall auch weiter im Sinne des Gemeinwohles genutzt werden.

Und damit begann die Recherchearbeit für die Best-Practice-Klöster, die Vorbereitung des Runden Tisches sowie das Finden der Ordensgemeinschaften oder Gemeinden, denen ein Zukunftslabor bei der Findung von Nutzungsszenarien helfen könnte.

Autorin: Ulrike Rose, Kulturraum Kloster

Keyfacts

Alle Interviews mit den Ordensgemeinschaften, Nachnutzern und Akteuren aus der Region sowie informative Texte zu verschiedensten Herausforderungen und Lösungen finden sich seit dem 27. Oktober 2021 online auf unserem Wissensportal https://zukunftkulturraumkloster.de/.

Wir hoffen, damit vielen Ordensgemeinschaften, Nachnutzern und Regionen eine gute Entscheidungsbasis zu liefern. Und freuen uns, wenn wir weitere Zukunftslabore realisieren können und der Verein sein Wissen auch anderen Ordensgemeinschaften aktiv zur Verfügung stellen kann.

Ein Programm des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) in Zusammenarbeit mit Bild-Dokument für das Frontend