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Screenshot Förderscouting Plattform

Von der Idee zum Projekt – wie eine interkommunale Förderscouting-Plattform Verwaltungsmitarbeitende in Kommunalverwaltungen entlastet

Der Alltag

Seminarraum mit Teilnehmern
Quelle: Hauke Klünder

Breklum, eine kleine umtriebige Gemeinde im Amt Mittleres Nordfriesland, ein Abend im Bürgermeisterzimmer: Nach einigen Außenterminen sitzt Herr L. noch am Schreibtisch und öffnet sein E-Mail-Postfach. Die Mails rattern nur so rein. Das wird sicherlich wieder ein langer Abend, denkt er sich. Bei der Durchsicht seiner E-Mails fällt ihm eine Meldung des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetags ins Auge. Es gibt mal wieder einige Förderprogramme. Die Richtlinien sind lang, die Fristen kurz. Ideen gibt es ja zu Genüge, findet L.. Gerade heute hat ihn der Dorfverein angesprochen und gefragt, ob es möglich sei, das Gemeinschaftshaus auszubauen. Eines der Förderprogramme könnte vermutlich passen. Dafür braucht es aber wieder mal eine Projektskizze, und die Gemeindevertretung muss eingebunden und die ganzen Formulare müssen auch noch ausgefüllt werden. Ein Versuch ist es wert, denkt er sich, und leitet die E-Mail samt Hintergrundinfo an die Mitarbeiterin in der Kommunalverwaltung weiter.

Was zeichnet lebenswerte Wohn- und Arbeitsverhältnisse in Kommunen aus? Es sind nicht nur eine robuste Daseinsvorsorge und gute Infrastrukturen in allen Lebensbereichen, sondern auch viele kleinere Projekte aus und mit der Zivilgesellschaft. Doch das ist einfacher gesagt als getan. Viele, vor allem kleinere Kommunen in Deutschland können zwar das Alltagsgeschäft noch bewältigen, doch für eine aktive Gestaltung der direkten Lebensumwelt fehlen oftmals die Zeit und die Mittel.

Abhilfe können die vielen Förderprogramme für Kommunen leisten. Doch die Beantragung von Fördermitteln setzt einiges voraus und verlangt viele Fähigkeiten von den hauptamtlichen Verwaltungsmitarbeitenden und vor allem im kommunalen Ehrenamt ab. Geduld ist jedenfalls eine der wichtigsten Tugenden, die mitgebracht werden muss.
Im Anschluss an die Verschriftlichung eines ersten Projektideen-Steckbriefes ist die Passfähigkeit zu prüfen, sind die Richtlinien richtig zu deuten, sind Unterlagen zusammenzustellen, sind Anträge zu schreiben, sind die spezifischen Anforderungen zu erfüllen und sind Fristen einzuhalten – um nur einige Schritte eines Antragsprozesses zu nennen. Dem voran steht jedoch das eigentliche Projekt. Für eine erfolgreiche Beantragung braucht es eine klare Projektbeschreibung, die von den Verwaltungen zu erarbeiten ist – eine Aufgabe, die nicht überall zum Alltagsgeschäft von Verwaltungsmitarbeitenden gehört, aber vielerorts abverlangt wird.

Die Lösungsidee

Screenshot Landingpage Förderscouting
Quelle: www.foerderscouting-plattform

Viöl, Stabsstelle Förderscouting der Kommunen in Nordfriesland: Die geschilderte Situation in den ländlichen Räumen ist allgemein bekannt und die Probleme überall nahezu identisch. Doch was macht an dieser Stelle Sinn für eine „Einzelkämpfer“-Stabsstelle, die für 133 Gemeinden und Städte samt 11 Kommunalverwaltungen in der Projektentwicklung und Fördermittelakquise zuständig ist?

Herr K. ist diese Person und macht beim Start der Stabsstelle 2019 das, was am einfachsten klingt und mit heutiger Betrachtung am sinnvollsten wirkt. Er fragt die Kommunalverwaltungen nach ihren Bedarfen und Anforderungen für eine optimale Unterstützung durch die Stabsstelle. Zentrale Punkte sind an dieser Stelle eine digitale Fördermitteldatenbank und die Nachnutzung von vorhandenem Wissen. Denn bei einer Sache sind sich die Kommunalverwaltungen einig: Die bloße Aufstockung von Personalressourcen wird langfristig nicht ausreichen, um die Wünsche der Gemeinden erfüllen zu können. Es braucht einen besseren Wissensaustausch, kompaktere Infos zu Förderrichtlinien und die Möglichkeit, innerhalb und außerhalb der eigenen Verwaltung zusammenarbeiten zu können. Die Projektidee der Interkommunalen Förderscouting-Plattform war geboren und kurze Zeit später der passende Förder-„Topf“ für den Deckel gefunden.

Die Stabsstelle Förderscouting hat mit Heimat 2.0 die Chance ergriffen, seine Idee der interkommunalen Förderscouting-Plattform umzusetzen. Im Sinne einer interkommunalen Wissensplattform stellt sie alle relevanten und nachnutzbaren Informationen zur Projektentwicklung und Fördermittelakquise zur Verfügung. Als digitales Assistenzsystem unterstützt sie Verwaltungsmitarbeitende, Förderscouts und Projektentwickelnde sowie das kommunale Ehrenamt im Entwicklungsprozess von der Idee zum Projekt. Zentrale Module sind:

  • Projektideen-Steckbriefe aus den Gemeinden, verfasst durch die Kommunalverwaltungen. Sie sollen zum Austausch, zur gegenseitigen Anregung für neue Projekte und zur Prüfung der weiteren Projektreise dienen.
  • Fördermittel-Kurzinfos mit Informationen zu laufenden Förderprogrammen sind Teil der weiteren Projektreise. Die Übersicht über aktuelle Finanzierungsmöglichkeiten vereinfacht die Entscheidung, Projektideen weiter zu bearbeiten.
  • Umsetzungscheckliste für das kollaborative Anlegen und Entwickeln von Projekten von der Idee zum Antrag bzw. zur Nachnutzung durch andere Kommunen. Hier kann die gesamte Projektreise bis zum Antrag dokumentiert und mit weiteren Informationen hinterlegt werden.

Bei der Entwicklung der Plattform setzte das Projektteam von Beginn an konsequent auf die Einbindung der späteren Nutzerinnen und Nutzer der Plattform. In mehreren Workshops wurden die Bedarfe und Anforderungen gemeinsam mit ausgewählten Verwaltungsmitarbeitenden schrittweise herausgearbeitet, rückgekoppelt und verfeinert. Dazu bediente sich das Projektteam Kreativtechniken wie der Lotusblüten-Methode oder dem User-Story-Mapping, um die einzelnen Umsetzungsschritte einer Projektentwicklung bis hin zur Antragstellung sinnvoll abzugrenzen und klar zu formulieren. Die Ergebnisse mündeten in einer allgemeinen Umsetzungscheckliste, die zugleich der Beauftragung des technischen Dienstleisters zur Programmierung der Plattform zugrunde gelegt wurde.

Lotusblüten-Methode
Die Lotusblüten-Methode, oder auch -Technik, ist eine Methode für ein strukturiertes Brainstorming. Im Sinne einer Lotusblüte stellt sie ein Thema oder ein Problem in den Mittelpunkt der Betrachtung und es werden auf den Blütenblättern Bedarfe gesammelt. Die einzelnen Bedarfe werden wiederum zu neuen Zentren weiterer Lotusblüten für die Definition konkreterer Anforderungen.
User-Story-Map
Eine User-Story ist eine einfache, in die Alltagssprache formulierte einzelne Anforderung von Nutzerinnen oder Nutzern an eine Software, eine Dienstleistung oder ein Produkt. Eine User-Story-Map vereint diese einzelnen Anforderungen auf einer „Landkarte“ zu einem Gesamtzyklus der Anwendung oder Beanspruchung einer Software, einer Dienstleistung oder eines Produktes. Mithilfe der Methode kann beispielsweise der geschilderte Prozess von der Idee bis zur Antragseinreichung sehr detailliert abgebildet und weiterentwickelt werden.

Seit August 2022 ist die verwaltungsübergreifende Förderscouting-Plattform online. Verwaltungsmitarbeitenden aus allen 11 nordfriesischen Kommunalverwaltungen ist es seitdem möglich, auf der Plattform die Projektideen-Steckbriefe zu erfassen, Fördermittel-Kurzinfos einzusehen und zu verknüpfen und Projekte in Umsetzungschecklisten anzulegen bzw. systematisch zu bearbeiten und Projektideen auszutauschen.

Die Zukunft in zwei von vielen Szenarien

Ahrenviölfeld, Norstedt, zwei Gemeinden im Amt Viöl, beide mit ähnlichen Projekten als Schlüsselprojekt der Amtsentwicklungsplanung 2030: Herr Kr. vom Amt Viöl logt sich in seiner hauptamtlichen Funktion als Ehrenamts- und Projektkoordinator in die Förderscouting-Plattform ein und ruft die Projektideen und bestehenden Umsetzungschecklisten aus dem Amtsentwicklungsplan auf. Gerade hat er erfolgreich das „Multifunktions-Dorfgemeinschaftshaus“ der Gemeinde Ahrenviölfeld eingereicht, da kommt Bürgermeister C. aus Norstedt in sein Büro und fragt nach dem Stand für sein Projekt. Beide setzen sich vor den Rechner, duplizieren die Umsetzungscheckliste der anderen Gemeinde und sprechen anhand dieser den eigenen Weg durch. Nach einer Stunde steht der Plan, die To-dos sind verteilt und der Ehrenamtskoordinator kann unter Einbindung des Ehrenamtes, der Fachämter im Amt und der Stabsstelle loslegen.

Screenshot Förder-Kurzinfo
Quelle: www.foerderscouting-plattform

Wyk auf Föhr, Amt Föhr Amrum: In einer anderen Ecke Nordfrieslands treibt die Gemeinden die Gesundheitsversorgung um. Herr R. vom Amt kennt die Situation, und sucht in der Wissensplattform nach ähnlichen Beispielen und stößt bei der Recherche auf die frei verfügbare Umsetzungscheckliste der Gemeinde Pellworm. Die Projekte, die gemeinsam mit der Stabsstelle entwickelt werden, sind auf der Plattform immer frei zugänglich. Die Arbeit ist so transparent für alle Verwaltungen im Landkreis. Herr R. liest sich die Checkliste durch und sieht, dass es viele Gespräche und Runde Tische mit verschiedenen Beteiligten auf der Insel Pellworm gegeben hat, bevor ein Förderantrag für den Versorgungssicherungsfonds des Landes Schleswig-Holstein gestellt wurde. Herr R. dupliziert die Checkliste in seinen Arbeitsbereich und benennt sie um. Herr R. sieht sofort, welche Ansprechpersonen er ebenfalls kontaktieren sollte. Er klickt auf den Link zur Fördermittel-Kurzinfo des Versorgungssicherungsfonds und sieht, dass er nur noch wenige Monate gültig ist – wahrscheinlich zu wenig Zeit für einen Antrag. Er ruft in der Stabsstelle Förderscouting an, um nach Alternativen zu fragen. Er hört von Frau B., dass der Fonds neu aufgelegt werden wird und es sich somit auf jeden Fall lohnt, schon mal die Beteiligten zusammen zu trommeln und eine Projektskizze zu schreiben. Herr R. mach sich sofort an die Arbeit, denn er hat direkt einen Startpunkt für sein Projekt und weiß welche Schritte er gehen kann.

Die Förderscouting-Plattform wird gut angenommen und erste Projekte werden bearbeitet. Nun geht es darum, die Plattform weiter zu beleben, damit sie ihr volles Potenzial ausschöpfen kann. Das Projektteam setzt hierzu neben der technischen Weiterentwicklung einzelner Funktionalitäten auf die Unterstützung der bestehenden Nutzerinnen und Nutzer sowie die Einbindung weiterer Kommunen. Mithilfe einer Netzwerkstrategie sollen weitere Verwaltungsmitarbeitende und das Ehrenamt von den Vorteilen der Plattform überzeugt und für die Mitarbeit im Netzwerk gewonnen werden. Für die bereits aktiven und künftigen Nutzerinnen und Nutzer wird ein Schulungsworkshop zur Projektplanung, Erklärvideos oder ein Nutzungshandbuch entwickelt, um den Einstieg in die Projektarbeit zu erleichtern und das Arbeiten auf der Plattform im Alltagsgeschäft zu etablieren.

Aber nicht nur in Nordfriesland stößt die Förderscouting-Plattform auf großes Interesse. Mittlerweile fragen auch vermehrt Initiativen, Regionen und Gemeinden aus anderen Bundesländern an, die an der Plattform und ihrer Funktionsweise interessiert sind. Eine willkommene Aufmerksamkeit für das Projektteam, weil mit jedem Gespräch auch weitere Anregungen zum Ausbau der eigenen Plattform gesammelt werden können. So geht Heimat 2.0!

Autorinnen und Autoren:
Melanie Boieck, Hauke Klünder, Florian Langguth

Keyfacts

Modellvorhaben Interkommunale Förderscouting-Plattform: foerderscouting-plattform.de

Ein Programm des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) in Zusammenarbeit mit Bild-Dokument für das Frontend