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Schmuckbild Aktive Regionalentwicklung

Ansiedlungen von Behörden in strukturschwachen Regionen

In dieser vom BMI geförderten Studie und in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) wurde untersucht, wie neue Ansiedlungen von Behörden und öffentlichen Einrichtungen in Regionen, die sonst eher kein Standort von öffentlichen Einrichtungen sind, erfolgreich gestaltet werden können. Im Rahmen der Studie wurden vier Behördenneuansiedlungen bzw. -verlagerungen analysiert. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen die Umsetzung künftiger Ansiedlungen unterstützen.

Ausgangslage

Die Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ empfiehlt, Bundesbehörden in Zukunft in größerem Umfang auch dezentral anzusiedeln, damit die Bevölkerung in Deutschlands ländlichen Räumen von neuen Arbeitsplätzen und die lokale Wirtschaft von positiven Effekten profitieren können. Dies soll insbesondere in Klein- und Mittelstädten geschehen. Auch der Strukturwandel in Kohleregionen soll auf diese Weise unterstützt werden, denn das Strukturstärkungsgesetz sieht vor, 5.000 öffentliche Arbeitsplätze in den Kohlerevieren bis zum Jahr 2028 zu schaffen. Erreicht werden soll dies, indem etwa Bundesbehörden und Forschungseinrichtungen dort angesiedelt werden (§ 18, Absatz 1).

Allerdings gibt es wenige wissenschaftliche Untersuchungen zu den Erfolgsfaktoren und Wirkungen. Daher wurden vier Fallbeispiele untersucht: das Amt für ländliche Entwicklung Oberpfalz in Tirschenreuth, das Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau, die Außenstelle des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle in Weißwasser und die zukünftige Verlagerung des Amts für ländliche Entwicklung Oberbayern nach Mühldorf am Inn. Neben einer Auswertung von den verfügbaren statistischen Daten wurden Interviews mit Vertreterinnen und Vertretern dieser Behörden und aus Wirtschaft sowie Politik in den Standortregionen geführt. In zwei Behörden erfolgte zusätzlich eine Online-Umfrage unter den Beschäftigten.

Ziel

Durch Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst sollen Beschäftigungsmöglichkeiten für Einwohner geschaffen und Regionen mit besonderem Förderbedarf attraktiv für Zuziehende werden. Die zusätzlichen Arbeitsplätze sollen außerdem die regionale Wirtschaft anregen. So sollen die Regionen gestärkt und gleichwertige Lebensverhältnisse geschaffen werden. Die Studie untersucht, ob bzw. wie die gesteckten Ziele erreicht werden können.

Methodische Vorgehensweise

In einer Literaturanalyse wurden die vorhandenen, wenigen Erfahrungen mit Verlagerungen und Neuansiedlungen in Deutschland und auch international ausgewertet. Die aktuelle Verteilung von Behördenstandorten und die Zahl der Beschäftigten je Standort wurde anhand der verfügbaren Daten ermittelt. In einem Workshop diskutierten Expertinnen und Experten aus Behörden und der Wissenschaft erste Ergebnisse.

Regionale Verteilung der Bundesbeschäftigten
Regionale Verteilung der Bundesbeschäftigten Quelle: Bundesregierung – Drucksache 19/18600 (2020). Digitale Geodaten: Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (2021): Verwaltungsgebiete 1:25.000 (Ebenen), Stand 01.01. BBSR Bonn 2021; Darstellung des ifo-Instituts

Als Ergänzung zur Literaturanalyse und aufgrund eingeschränkt verfügbarer statistischer Daten wurde der Fokus auf vier Fallbeispiele und die Analyse der (inneren) Behördenaspekte von Ansiedlungen gelegt. Der Schwerpunkt der Studie liegt auf teilstrukturierten Interviews und Online-Umfragen. Die Interviews wurden mit Beschäftigten in vier verlagerten bzw. neuangesiedelten Behörden mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft und Politik dieser Regionen durchgeführt. Bei der Auswahl der Behörden wurden je zwei Landes- und Bundesbehörden strukturschwacher Regionen untersucht.

In zwei Behörden wurden zusätzlich zu den Interviews Online-Umfragen unter den Beschäftigten durchgeführt. Am ALE Oberpfalz nahmen 120 Beschäftigte (81% der Beschäftigten) an der Befragung teil. Am UBA konnten 490 Teilnehmerinnen und Teilnehmer (51% der Beschäftigten) gewonnen werden. 

In den Interviews und den Online-Umfragen wurden interne und externe Auswirkungen der Ansiedlungen erfragt. Interne Auswirkungen sind beispielsweise Veränderungen der Arbeitsprozesse oder die Auswirkung auf Motivation und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Externe Auswirkungen beziehen sich auf die Wirkung der Ansiedlung auf die Region. Hier wird überprüft, ob die Ziele der Ansiedlung erreicht wurden. Hierzu gehören Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, die Wirtschaftskraft, Infrastruktur und die allgemeine Daseinsversorgung in der Region.

Landesbehörden:

  • Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) Oberpfalz in Tirschenreuth und
  • ALE Oberbayern: zukünftig in Mühldorf am Inn ansässig

 Bundesbehörden:

  • Außenstelle des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Weißwasser und
  • Umweltbundesamt (UBA) in Dessau-Roßlau.

Die Außenstelle des BAFA wurde neu gegründet und im Frühjahr 2020 bezogen. Die drei weiteren Behörden wurden zwischen 2005 und 2022 umgesiedelt.

Ergebnisse

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass grundsätzlich die Neugründung einer Behörde in einem ländlichen Raum einer Verlagerung vorzuziehen ist. Dies ist in erster Linie der Mitarbeiterzufriedenheit geschuldet, denn im Fall von Verlagerungen entstehen den Beschäftigten zusätzliche Kosten durch Pendeln oder eine doppelte Haushaltsführung. Zudem soll der Standort eine gute Infrastruktur wie etwa Anbindung an den ÖPNV sowie digitale Infrastruktur aufweisen. Telearbeitsplätze tragen ebenfalls dazu bei, die Verlagerung arbeitnehmerfreundlich zu gestalten. Allerdings: Der Trend zum mobilen Arbeiten erhöht gleichzeitig die Anreize der Beschäftigten, nicht in die weniger attraktiven Regionen zu ziehen, sondern aus näher gelegenen Städten einzupendeln. Es soll außerdem die allgemeine Daseinsvorsorge gewährleistet sein, um Beschäftigte zu bewegen, in die Region zu ziehen. Hierzu würden insbesondere bezahlbarer Wohnraum, Ärztinnen und Ärzte, Kindergärten, Schulen und soziale Einrichtungen gehören. Bei Neuansiedlungen zeigt es sich, dass sich die Gewinnung von Personal für den mittleren und gehobenen Dienst sich einfacher gestaltet als das Anwerben von Hochqualifizierten. Im langfristigen Verlauf der Zeit zeigt sich allerdings, dass zunehmend Neubeschäftigte aus der neuen Standortregion kommen. Hierbei ist die generelle Attraktivität einer Region aber weiterhin entscheidend. Aus diesen Beobachtungen lässt sich ableiten, dass es günstiger ist, Behörden mit weniger spezialisierten Aufgaben im strukturschwachen Raum anzusiedeln. Ferner ergeben sich neue bzw. zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten für Jugendliche in den Standortregionen, wenn die Behörden selber Berufe ausbilden. Durch Kooperationen mit benachbarten Hochschulen können duale Studienplätze eingerichtet werden, sofern dort entsprechende Studiengänge angeboten werden (was beim UBA in Dessau-Roßlau nicht der Fall ist und daher die Rekrutierung erschwert).

Uneinheitliche Aussagen gab es zu dem Bedarf des zeitlichen Vorlaufs: Einerseits können lange Vorlaufzeiten dazu führen, dass sich Beschäftigte auf andere Stelle bewerben und durch den Braindrain die Arbeitsfähigkeit einer Einrichtung leidet. Andererseits bietet ein ausreichender zeitlicher Vorlauf sowohl den Beschäftigten als auch der Führungsebene in Verwaltung und Politik die Planungssicherheit, um eine personelle Umstrukturierung, die Weitergabe von Wissen und Expertise sowie das Anwerben von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu ermöglichen.

 Ob von einer Behördenansiedlung ein Effekt auf die Zielregion zu erwarten ist, hängt von der Zahl der Behördenmitarbeiter im Verhältnis zur Einwohnerzahl der Region ab. Ist die Behörde groß genug, kann die Ansiedlung positive Effekte auf die Zielregion haben. Trotz positiver Beschäftigungseffekte wurden jedoch bisher nur geringe Effekte auf die regionale Wirtschaftsleistung und die Bevölkerungsentwicklung beobachtet.

Von der lokalen Bevölkerung wird die Ansiedlung einer Behörde überwiegend als positives Signal anerkannt. Bietet die Behörde allerdings nicht hinreichend viele Beschäftigungsmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung, wird die Ansiedlung negativ bewertet. Dies ist der Fall, wenn die Behörde ihre Belegschaft von einem früheren Standort mitbringt oder wenn die ortsansässigen Arbeitskräfte nicht passend qualifiziert sind und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus anderen Regionen rekrutiert werden müssen.

Fazit und Handlungsempfehlungen

Die Studie analysiert vier Fallbeispiele und bietet einen wichtigen Startpunkt für die systematische Bewertung von Behördenansiedlungen in strukturschwachen Regionen.

Es ist deutlich einfacher, Behörden neu anzusiedeln als zu verlagern. Behörden mit wenig spezialisierten Aufgaben können in der Regel schneller und umfangreicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am neuen Standort rekrutieren als Einrichtungen, die hochqualifizierte Beschäftigte und Fachkräfte benötigen. Diese Behörden sollten deshalb mittelfristig mit regionalen Ausbildungsstätten und Hochschulen kooperieren, um qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen – etwa über duale Studiengänge.

Attraktive Arbeits- und Standortbedingungen sind der Studie zufolge wesentlich, um Beschäftigte und ihre Familien zum Umzug an einen neuen Standort zu bewegen. Dazu gehören Arbeitsplätze für Partnerinnen und Partner, unbefristete Arbeitsverträge und eine gute infrastrukturelle Anbindung. Hinzu kommen gute Bildungseinrichtungen, schnelles Internet, ein vielfältiges Freizeit- und ein passendes Wohnungsangebot. Auch wollen sich die Beschäftigten laut Befragung am neuen Standort willkommen fühlen.

Eine Datenbank über die Anzahl von Beschäftigten im öffentlichen Sektor auf Gemeindeebene ist hilfreich bei der Analyse, welche Faktoren für positive und negative Effekte von Behörden entscheidend sind.

Um gefestigte Aussagen über die regional-ökonomischen Effekte von Ansiedlungen treffen zu können und diese mit anderen Instrumenten der Strukturförderung zu vergleichen, ist eine empirische Kausalanalyse unerlässlich. Die unzureichende Datenlage und die Schließung bestehender Datenlücken sind zentrale Handlungsfelder, denn die Statistik zum Personalbestand in öffentlichen Institutionen auf Gemeindeebene bietet bisher keine ausreichende Datengrundlage.

Ansiedlungen von Behörden in strukturschwachen Regionen

Die ersten Entscheidungen zur Neuansiedlung und Ausgründung seiner Behörden hat der Bund bereits getroffen – die Umsetzung läuft. Daher soll im Programm Region gestalten untersucht werden, wie sich dieser Prozess unterstützen lässt.

Region

Deutschlandweit

Laufzeit

Status

Abgeschlossen

Auftragnehmer

ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e. V. - Niederlassung Dresden
Prof. Dr. Joachim Ragnitz
E-Mail ragnitz@ifo.de

Kontakt im BBSR

Referat RS 1 „Raumentwicklung"
E-Mail region-gestalten[at]BBR.Bund.de

Erlebnisberichte

Wie wirkt sich die Ansiedlung von Behörden auf strukturschwache Regionen aus?

Im Vorhaben „Ansiedlungen von Behörden in strukturschwachen Regionen“ untersuchte ein Forschungsteam des ifo Instituts die Ansiedlung von Behörden in Regionen mit besonderem Förderbedarf als Instrument der Strukturförderungspolitik. Das Ergebnis des vom BMI-geförderten Vorhabens ist eine wissenschaftliche Studie, die als BBSR Online Publikation veröffentlicht wurde. In der Studie wertete das Forschungsteam die wissenschaftliche Literatur zu Behördenverlagerungen aus und untersuchte die Verteilung von Bundesbehörden in Deutschland (siehe Abbildung 1). Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Ungleichverteilung: Im Jahr 2020 arbeiteten nur 6 % der Bundesbeschäftigten im peripheren Raum, in dem jedoch 25 % der Bundesbürgerinnen und Bürger wohnen.

Karte des Landkreises Tirschenreuth

Ein Programm des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) in Zusammenarbeit mit Bild-Dokument für das Frontend